Eine ausgesprochen rege Diskussion zwischen Schülern und Politkern wurde im Musiksaal des Gymnasiums am Römerkastell geführt. Die Fachschaft Sozialkunde lud mehrere Landespolitiker ein, um drängende Fragen zu beleuchten, die gerade Jugendliche in diesen unruhigen Zeiten beschäftigen.
Auf Einladung der Schüler stellten sich Lisett Stuppy (B90/Grüne), Michael Simon (SPD), Dr. Helmut Martin (CDU) und Philipp Fernis (F.D.P.) den Fragen der Schüler. Elisabeth Hegemann und Max Schmitt moderierten nahezu professionell die inhaltsreiche Debatte, die trotz einiger kritischer Fragen von gegenseitigen Respekt und Ernsthaftigkeit der Bürgervertreter geprägt war.
„Vor zwei Jahren saßen Sie hier und Ihre Partei stand vor dem politischen Tod, nun stellt die SPD wahrscheinlich den Kanzler. Was ist passiert, Herr Simon?“, begann Max Schmitt die Diskussion. Simon erklärte, dass er das damals selbst kaum für möglich gehalten hätte, aber dass der Zusammenhalt der Partei und das Spitzenpersonal eine ganz wichtige Rolle gespielt habe. Dr. Martin nahm den Absturz seiner Partei gelassen und meinte, dass man ein Stück Arbeit vor sich hätte, er aber optimistisch sein, da die SPD es ja vorgemacht hätte. Philipp Fernis von den Freien Demokraten merkte an, dass seine Partei mit politischer Wiederauferstehung Erfahrung habe.
Im Hinblick auf die sich verschärfende Coronakrise und den Lehren, die man daraus ziehen muss, erklärte Fernis, dass die Pandemie den Wert von Freiheit vor Augen geführt habe und nun Veränderung nötig sei, da in den letzten Jahren der Merkel-Regierung von wenig Innovation geprägt waren. Für die Grünenpolitikerin Stuppy ist die größte Aufgabe, dass Schulen und Kitas geöffnet bleiben, mehr getestet und das Impfangebot erhöht wird. Die Einschränkungen seien zwar massiv, deshalb müsse man sie immer wieder neu beurteilen. „Wir müssen solidarisch sein, aber auch an die Rechte des Nächsten denken“, deshalb sei sie auch für eine Impfpflicht.
SPD-Landtagsabgeordneter Michael Simon mahnte die Verhältnismäßigkeit der Einschränkungen an und erklärte, dass diese niemals zu einem Normalfall werden dürften. Einer Impfpflicht stehe er skeptisch gegenüber. „Mit Zwang kommen wir nicht weiter!“, so der SPD-Mann.
Freidemokrat Fernis sieht die Meinungsfreiheit im Land nicht eingeschränkt, im Gegenteil, was habe man in den letzten Monaten für einen Blödsinn von manchen Leuten anhören müssen. Dr. Helmut Martin (CDU) sah sich in den meisten Punkten bei seinen Vorrednern, betonte aber, dass Politik immer eine Güterabwägung sei und es sei die Frage, ob man den Pflegebedürftigen wirklich durch eine Impfpflicht helfe.
Stuppy kritisierte den vielfachen Rückfall der Rollenbilder während der Pandemie. Gerade Frauen wären in der Regel zuhause geblieben und hätten sich um die Familie gekümmert.“Da gibt es noch viel zu tun“, erklärte die Frau von B90/ Die Grünen.
Beim Thema Bildungspolitik waren die Ansichten der vier Volksvertreter ebenfalls nah beisammen. Simon betonte, dass die handwerklichen Berufe größere gesellschaftliche Anerkennung erhalten sollten, ein Punkte, der von der Grünen Stuppy mit Hinweis auf eine stärkere Berufsorientierung unterstützt wurde. Dr. Martin stellte eine „gabenorietierte“ Bildung in den Vordergrund, während Fernis mehr Verantwortung für die eigenen Entwicklung forderte.
Auf die Frage, ob der Hinweis in der Landesverfassung, dass „Schule zu Gottesfurcht“ erziehen solle, nicht aus der Zeit gefallen sein, erläuterte Dr. Helmut Martin, dass er darunter nicht Angst, sondern Ehrfurcht vor Gott erkenne und dass man sich selbst nicht überschätzen oder überhöhen solle.
In der folgenden Schnellfragerunde mussten sich die Politiker rasch für Pro oder Kontra bei den Themen Klima, Legalisierung von Cannabis, Gendern und zahlreichen anderen Bereichen entscheiden.
Die Jugendlichen z.T. waren verwundert über das harmonische Miteinander der vier Volksvertreter. Man hatte sich allgemein mehr Auseinandersetzungen vorgestellt. Auch das wenige eher unangenehme Fragen nicht bzw. nicht direkt beantwortet wurden, war den Heranwachsenden aufgefallen. Insgesamt zeigten sich die jugendlichen Zuschauer von diesem Format überzeugt.
Von Kai Sieben
Hier gehts zum Kurzbericht von Röka-TV.
„Daumen hoch“ oder „Daumen runter“? Michael Simon (SPD), Lisett Stuppy (B90/Grüne), Philipp Fernis (F.D.P.) und Dr. Helmut Martin nahmen im Gymnasium am Römerkastell zu kritischen Fragen der Kinder Stellung. Fotos: Kai Sieben